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Unser Tanzfilm "U.P. One" feiert Premiere

von Sandra Irrgang

 

Nach unserer letzten Vorstellung "Orte die bewegen" am 1. Mai 2019 in der Filderhalle, die von meinem Kollegen und Studienfreund Thomas Hirschfeld so professionell gefilmt wurde, kam mir der Gedanke:

 

"Was, wenn man die vielen Tänzer und Tänzerinnen, die im Backstage stundenlang auf ihren Auftritt warten, das nächste mal ins Kino setzt, dass sie ihre eigene Vorstellung anschauen könnten?"

 

Man hätte alle Zeit der Welt Choreografien einzustudieren, könnte in Ruhe individuell die Gruppen filmen und würde alles entspannt angehen. Und am Ende hat man etwas, das nicht verloren geht, wie sonst die flüchtigen Momente auf der Bühne, die gefilmt immer ihre Energie einbüßen.

 

Wundervoll! Gleich machte ich mich an die Arbeit und plante drei Filme: Einen Tanzfilm für Kinder, einen Tanzfilm für Jugendliche und ein choreografisches Filmprojekt für unsere Company.

 

Gemäß dem Motto: "Alle sagten: "Das geht nicht!" Dann kam einer der wusste das nicht und hat´s gemacht. (Autor unbekannt)" stürzte ich mich in das Abenteuer.

 

Mein erster Weg war zu Thomas Hirschfeld, um ihn von meinem Plan zu überzeugen, denn ohne ihn hätte ich mich das nicht getraut.

Ich musste gar nicht lange erzählen, er war sofort dabei und holte auch noch Tatjana Allmis als Assistenz mit ins Boot.

 

Bestärkt durch diese Man- and Woman- Power, machte ich mich an die Ideenfindung. Im Herbst und Winter 2019 sammelte ich Ideen.

Unsere Kids- und Junior Company sollten die Hauptdarsteller werden.

 

Im Januar 2020 begann ich im Zug nach Berlin an dem Drehbuch für Elfabia zu schreiben. Eigentlich wollte ich ja nur eine kleine Rahmenhandlung für die vielen Choreografien der kleinen Tänzer und Tänzerinnen.

 

Aber ich schrieb und schrieb.

 

Zuhause angekommen machte ich mich parallel an die Story von U.P. One. Das war schon schwerer.

 

Es sollte ja ein Film für Jugendliche werden und meine beiden Kinder waren gerade in einem Alter, in dem sie mir zu verstehen gaben, dass ich nicht mehr auf ihrer Wellenlänge war, was Trends anging und auch schon ziemlich peinlich rüberkam.

Und dann wollte ich auch noch über ein Smartphone schreiben, wo ich selber doch ständig meinen Mann fragen musste, wie ich meines bedienen soll.

 

Also setzte ich mich vor meinen Laptop und schaute mir stundenlang Tutorials über Smartphones an, um die ganzen Funktionen überhaupt richtig benennen zu können und ließ meine Kids manche Texte übersetzen, die einfach zu altmodisch waren.

 

Ich war voll im Stress.

Langsam sollten die Drehbücher fertig werden, damit die Darsteller ihre Texte lernen konnten. Ich tippte mir die Finger wund und wollte zu den Faschingsferien fertig sein.

Ich schrieb und schrieb und laut meinem Drehbuchprogramm war ich, als ich mit beiden Drehbüchern fertig war bei jeweils 70 Minuten Film angekommen.

 

OH NEIN! Mit Choreografien also zweimal 90 Minuten.

Thomas schaute mich ungläubig an. "Spielfilmlänge? Weißt Du wie lange die Profis brauchen, um einen 90-minütigen Film zu drehen?"

 

Und dann kam Corona. Nach dem vielen Stress und dem Druck, den ich mir gemacht hatte, war es anfangs wie ein Wunder. Zeit! Ich hatte Zeit!

 

Ich saß im Garten bei herrlichem Wetter und nähte Kostüme. Über Zoom lasen wir die Drehbücher und lernten die Texte. Jeder dachte, der Spuk wäre in ein, zwei Monaten vorbei. Und dann hieß es Umdenken!

 

Film drehen mit Abstand.

 

Wie glücklich konnten wir sein, dass wir im Kulturium unseren Greenscreen monatelang aufgehängt lassen konnten.

An dieser Stelle möchte ich ein ganz großes Dankeschön an den TSV Rohr und speziell an die Vorstandschaft aussprechen, die uns in dieser Zeit so viel Unterstützung zukommen ließen.

 

Wir drehten teilweise Massenszenen mit einzelnen Darstellern. Unser Running Gag war: "Thomas, das musst Du dann noch zusammenschneiden!"

 

Sehr schnell war aber klar, dass Thomas zeitlich nur einen Film drehen könnte. Die Kinderdarsteller von Elfabia und wir waren am Limit.

 

Vor den Sommerferien 2020, als gelockert wurde, drehten wir bis zu vier Stunden täglich und das, ohne große vorherige Proben, es mussten alle hochkonzentriert sein und viel improvisieren.

 

Durch eine Inklusions-Fortbildung, auf der ich viel über Medienarbeit mitbekam und meiner Zusammenarbeit mit dem Werkstatthaus und Alexander Bischoff, Leiter der Medienabteilung im "Kultur macht stark" - Projekt DOKU 2020, kam ich zu der Überlegung den Smartphone-Film selbst mit einem Smartphone zu drehen.

 

Ich wünschte mir zum Geburtstag einen Gimbal und schaute in den Sommerferien gaaaaanz viele Tutorials über das Filmen.

 

Nach den Sommerferien 2020 starteten wir mit den Szenen, die draußen gedreht werden sollten, damit die Jahreszeit die gleiche bleibt.

Das waren die Schluss-Szenen.

 

Es machte riesen Spaß, wir drehten in Vaihingen in der Hall of Fame und fuhren nach Ludwigsburg.

 

Es war eine große Herausforderung keine fremden Menschen zu filmen und dann auch noch so zu drehen, dass man die Masken nicht sieht.

 

Auch hatten wir Pech mit dem Wetter. Eine Szene war in zwei Tage aufgeteilt, so kam es, dass die Darsteller ihre leichte Kleidung bei Kälte und Regen wieder anziehen mussten und wir bei jeder neuen Einstellung Jacke aus, Jacke an, Decken wegräumen ua. zusätzlichen Aufgaben meisterten.

 

Und dann kam der Lockdown im November. Nichts ging mehr.

 

Ab Februar begannen wir, mit einzelnen Personen zu drehen. Über Zoom hielten wir die Choreografien aufrecht, aber es war für alle sehr zäh und einige verloren die Motivation.

 

Diesmal dauerte der Lockdown sehr lange!

 

Erst nach den Pfingstferien konnte man wieder in Präsenz proben.

Mittlerweile waren alle gewachsen und hatten Haare geschnitten, Stimmbruch usw.

 

Sollten wir besser alles einstampfen?

 

Es gab nur eine Möglichkeit: in zwei Wochen vor den Sommerferien musste der Schauspielpart beendet sein.

 

Und alle rissen sich am Riemen und verschoben Termine, filmten in den Pausen von 15 Minuten zwischen zwei Terminen.

Dies hat mir sehr viel bedeutet und das werde ich Euch nicht vergessen! Danke, liebe U.P. One Darsteller für Eure Energie und Euer Durchhaltevermögen!

 

Danke auch an das Hegel-Gymnasium, das uns gestattete außerhalb der Schulzeit auf dem Gelände und im Schulgang zu drehen.

Und unsere Retter in der Not, die Verbundschule Rohr, die uns ein Klassenzimmer zur Verfügung gestellt hat und das äußerst spontan.

 

Danke an Anke Marx, die sich schnell in die Rolle der Lehrerin eingedacht hat und auch sehr spontan zum Dreh kommen musste.

 

Nach den Sommerferien ging es weiter mit dem Dreh der Tanzszenen.

Irgendwie war die Luft raus, nach so langem Lockdown und Zoom-Unterricht.

Die Choreografien waren noch nicht richtig einstudiert, aber auch nicht mehr interessant, weil schon zu oft geprobt.

 

Wir waren unter Zeitdruck, weil jeder mit einem erneuten Lockdown rechnete. Unsere Choreografen gaben alles und unsere Tänzer/-innen noch mehr, als dann endlich gedreht wurde. Keiner hatte mehr daran geglaubt.

Glücklicherweise kam kein Lockdown, und  wir konnten kurz vor Weihnachten mit den Hip Hoppern den letzten Tag drehen.

 

So, fertig, dachte ich. Jetzt noch ein bisschen schneiden und dann ins Kino.

 

Aber oh je! Der Greenscreen hatte Schatten, beim Zusammenschneiden bemerkte ich , dass der rote Faden fehlte und Szenenübergänge nicht logisch waren. Überhaupt zogen sich manche Szenen unerträglich in die Länge.

 

Das war kein Kinofilm!

 

Kurz dachte ich mir, eigentlich könnte ich den Film ja auch einfach als Projekt in den Kursen zeigen, oder mit dem Beamer im Kulturium, dann hätten die Beteiligten einen Abschluss und kein anderer würde es zu Gesicht bekommen.

 

Da gab mir Alexander Bischoff einen Tipp: Kill your darlings!

 

Ich setzte mich also noch einmal hin, kürzte radikal Szenen (vorallem auch viele, in denen ich als Kamerafrau Fehler gemacht hatte), bearbeitete wochenlang einzelne Bilder mit Grüner Farbe, um keine Schatten im Greenscreen zu haben und bat kurzerhand Patrick PACO Müller, den Ton noch einigermaßen zu retten, denn wir hatten keine Tonangel benutzt und die Außenaufnahmen waren unterirdisch.

 

Anstatt eines kleinen Gefallens, beschäftigte er sich auch noch nächtelang mit dem Film, komponierte Übergänge und Stimmungen, fügte Geräusche hinzu und passte die Lautstärke an. 1000 Dank, Dir Paco!

 

28.4.2022: und endlich feierten wir Premiere.

 

Zuerst hatte ich den kleinen Saal gebucht. Frau Söhner von den Innenstadtkinos gab mir aber die Möglichkeit noch einmal umzubuchen, sollten es mehr Zuschauer werden.

 

Und wir haben den großen Saal geschafft!

 

Danke an die Innenstadtkinos für die tolle Betreuung und Flexibilität!

Es war ein großes Erlebnis dieses Projekt zu Ende zu bringen und unsere Darsteller auf der großen Leinwand zu sehen.

 

Dieser Film wird für mich immer eine Erinnerung daran sein, dass man nicht aufgeben muss, wenn es mal schwierig wird. Zusammenhalt und für etwas brennen bringt einen im Leben weiter.

 

Wenn ich nun das Ergebnis sehe bin ich sehr beeindruckt, wie ungezwungen und natürlich Ihr Darsteller/-innen diese Story verkörpert habt. Ihr habt sehr viel improvisieren müssen, da steckt sehr viel Talent dahinter.

Der Film hat viel Witz und Charme, das ist nicht einfach hinzubekommen. Ich bin sehr, sehr stolz auf Euch!

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